Hallo
Hier eine Zusammenfassung mit Ergebnis und Erfahrungsbericht.
(1) Problem
Verdeck eines 993 Cabrio „knirscht“ beim Öffnen bzw. Schließen, es war ein sehr heißer Tag. Eindruck: Das Knirschen kommt vom Getriebe hinter dem Fahrersitz.
Das Problem verlagerte sich nach Einbruch der Nacht (=kühler), Öffnen geht, aber Schließen nicht mehr.
Habe dann nicht weiter am Verdeck „herumgespielt“ und es so (also offen) bis zur Reparatur belassen.
(2) Zugang zu den Verdeck-Elementen:
a) Der Antriebsmotor sitzt mittig hinter den Rücksitzen. Um dranzukommen kann die davorsitzende Verkleidung mit der mittigen Schraube (90 Grad drehen) gelöst werden.
Die Demontage der Rücksitze oder Gurte ist nicht notwendig.
Um an die Verkleidung heranzukommen, muss das Verdeck geschlossen werden.
Da das bei mir nicht mehr auf normalen Weg ging:
* Gemäß Bedienungsanleitung die seitlichen Plastik-Kappen (DM ca. 50 mm) herausnehmen und
*die dahinterliegende Schraube ca. 5 Umdrehungen lösen, aber nicht ganz herausdrehen.
Danach können die Spriegel vom Getriebe soweit abgezogen werden, dass sie freilaufen und dann kann das Verdeck manuell bewegt werden.
b) Das Verdeck Getriebe links/rechts liegt unter einer Abdeckung, die auch die Lautsprecher trägt.
* Lautsprecher ausbauen, geht ziemlich einfach.
* Abdeckung ist durch zwei Schrauben fixiert, davon eine mit Zusatznutzen für die Persenning.
* Nach Lösen dieser Teile kann die Abdeckung nach hinten gezogen und abgenommen werden.
c) Man hat mehr Bewegungsfreiheit, wenn man die Rücksitze auch ausbaut, ist aber nicht zwingend notwendig.
d) Da ich die Spriegel sowie lösen musste und daher die Justage des Verdecks eh angesagt war, habe ich die Spriegel Schrauben ganz herausgedreht und die Spriegel sind dann frei.
(3) Ursachen:
a) Ich hatte aufgrund des Geräusches vermutet, dass das Getriebe „etwas abgekommen“ hat, hatte sogar vermutet, ein Zahn sei abgebrochen.
Das habe ich durch Zerlegen des Getriebes überprüft
Exkurs:
„Wie funktioniert das Getriebe eigentlich?“:
Der Motor dreht eine ca. 1 m lange Welle, an deren Ende sich ein Schneckengetriebe befindet. Die Schnecke dreht ein (Messing-) Rad welche auf derselben Achse das Sonnenrad eines Planetengetriebes trägt. Das Sonnenrad ist von vier Planetenrädern umgeben, die ihrerseits in einen Zahnkranz des Planetengehäuses greifen.
Die Planeten sind auf einer Platte montiert, an der ein weiteres konzentrisches Zahnrad fest montiert ist. Dieses dreht das eigentliche Verdeck Zahnrad, welche aber nur als halbes Rad (180 Grad) ausgeprägt ist.
Das Verdeck Zahnrad wird durch ein Gleitlager (Firma FAG, heute Schaeffler) aus Messing geführt, welches in das Gehäuse eingepresst ist. (Ich habe das leichtfertig herausgedrückt, davon würde ich aber heute abraten).
Ohne montiertem Spriegel ist das Verdeck Zahnrad nur radial gelagert, axial ist es vergleichsweise frei, erst durch Montieren des Spriegels wird dieser Freiheitsgrad aufgehoben. Man sollte also ohne montieren Spriegel sehr vorsichtig mit dem ganzen Getriebe umgehen, zur Not Schraube einsetzen und daran etwas ziehen.
Ende Exkurs:
Glücklicherweise stellte sich heraus, dass bei mir die Teile des Getriebes allesamt i.O. waren.
Das „Knirschen“ kam aus den Wellen.
b) Die eigentliche Ursache des Problems war, dass die Seele der Wellen zu kurz geworden war und dadurch im Motor kein oder zu wenig Drehmoment übertragen werden konnte.
Nach übereinstimmenden Aussagen diverser Foren ist das ein bekanntes Problem, da sich die Kunststoffummantelung über die Jahre längt und damit die Seele nicht mehr weit genug herausschaut.
Das Problem kann auf der anderen Seite der Welle (also da wo das Schneckengetriebe dran ist) nicht auftreten, da die Welle mit dem Schneckengetriebe fest verbunden ist.
(4) Re-Montage des Getriebes.
Das Lager des Verdeck Zahnrades ist nicht mehr lieferbar, oder wie ein humorvoller Händler es formulierte „aus wirtschaftlichen Gründen nicht lieferbar“, man hätte es extra für mich anfertigen müssen. Ich habe es daher wieder verwendet.
* alle Teile des Getriebes vollständig entfettet und pingelig auf Schäden untersucht (ohne Befund).
* die Teile mit MoS2-Fett eingerieben und einmassiert, damit auf jeden Fall die Zahnflanken ausreichend benetzt sind.
* dann nach dem Motto „viel hilft viel“ das Getriebe wieder mit dem Fett aufgefüllt
* alle Teile montiert und auf Gangbarkeit geprüft.
* Das Getriebe einige 10 Mal im Leerlauf hin- und hergefahren und auf Leichtgängigkeit überprüft.
Exkurs: Es war auch hier so – wie in einem anderen Fall – dass die Schmierwirkung des MoS2 erst über die Zeit einsetzte, danach läuft es „federleicht“.
Zum Hin- und Herfahren habe ich einen Akkuschrauber auf das offene Ende der Welle gesetzt und dann vorwärts bzw. rückwärts gefahren. „man muss schon ordentlich viel drehen, bis sich was tut, da die Untersetzung entsprechend groß ist“. (Ende Exkurs).
(5) Reparatur der Wellen.
Ich hatte im PZ schon Ersatzteile gekauft (> 240 EUR/Stk), dann aber beschlossen, die alte Welle zu reparieren. Dazu:
a) die silberne Hülse abziehen. Das geht nur, wenn man die dreieckigen Einkerbungen entfernt. Ich habe da einfach mit einem 3er Bohrer das Metall entfernt. (4 Stk).
b) Hülse säubern, Grate entfernen und mit einem 8er Bohrer von innen bearbeiten.
c) Kunststoffmantel ca. 3 oder 4 mm kürzen, so dass die Seele später min 10 mm über die Hülse hinausragt.
d) Hülse wieder montieren und geeignet gegen Wegrutschen sichern. Ich habe dazu neue Kerben eingebracht und diese Kerben in den Kunststoffmantel gedrückt.
… ging am Ende gar nicht so schwer.
(6) Alles wieder zusammenbauen und justieren.
Hiervor hatte ich am meisten „Bammel“. Ich habe das wie folgt gelöst:
Das Fahrzeug muss absolut ebenerdig stehen.
a) Verdeck soweit schließen, dass die vorderen Verdeck Motoren gerade nicht anziehen.
b) (mit einer Zeichnungsrolle) das Verdeck auf Abstand zum Scheibenrahmen halten, dabei auf Gleichmäßigkeit rechts/links achten.
c) rechten Spriegel wieder montieren, aber nicht festziehen, so dass sich das Verdeck Zahnrad drehen kann ohne den Spriegel zu bewegen.
d) Verdeck Getriebe links mit Akkuschrauber drehen und dabei ‚fühlen‘, wann der Spriegel in das Verdeck Zahnrad greift. Diesen Vorgang mehrfach wiederholen, bis man sicher ist, dass der Spriegel „satt“ in das Verdeck Zahnrad greift. Dann Spriegel Schraube festziehen.
e) das Gleiche dann links.
f) nun Wellen wieder mit Motor verbinden und Verdeck vorsichtig über den Motor öffnen lassen.
? Geräusche, die da nicht hingehören
? „jault der Motor“
? knirscht da irgendwas
? läuft das Verdeck gleichmäßig auf
? Wird am rechten Verdeck Getriebe die Endabschaltung „offen“ richtig ausgelöst.
g) Verdeck nun mehrfach öffnen und wieder schießen. Beim Schließen rechtzeitig aufhören, bevor die vorderen Motoren anziehen. Prüfen, ob das Verdeck links wie rechts vom Scheibenrahmen den selben Abstand hat, ggf. nochmals nachjustieren.
h) Wenn man bei g) sicher ist, dann Verdeck vollständig schließen.
i) Alle Schrauben mit Schraubenfix sichern
j) einige Stunden warten und dann nochmals prüfen, ob das Verdeck ohne Auffälligkeiten öffnet und wieder schließt.
k) Lächeln
l) alles wieder montieren
m) Probefahrt und nochmals prüfen, ob das Verdeck gleichmäßig schließt und wieder öffnet.
k) Jubelschreie auslösen und sich an einem schönen Auto erfreuen.
Lessons learned:
· Knirschen kommt wohl meist nicht vom Getriebe, sondern von den Wellen, wenn die am Motor durchdrehen.
· Demontage des Getriebes und Zerlegen ist meist nicht notwendig.
· Welle kann manuell gekürzt werden, das spart eine Menge Montagezeit und auch Kosten.
· Zugang (zum Motor) erreicht man durch einfache Demontage der rückwärtigen Abdeckung, mehr muss man gar nicht auseinandernehmen. Aber das Verdeck muss dazu geschlossen sein.
· Justage nach Reparatur erscheint mir aber immer notwendig.
Allzeit gute Fahrt
g.we