Strafe für "falsches" Fahren rechtens?

  • Hallo zusammen,


    im folgenden Video ist aber der Minute 03:10 ein Porsche Boxster 981 zu sehen, der von einem Fahrradpolizisten wegen "falschen Fahrens" in Verbindung mit einer Lärmbelästigung (?) rausgezogen wurde. Der Verweis des Fahrzeugführers auf die original Porsche Klappenanlage prallt offenbar am Polizisten ab. Es wurde eine Strafe von 55€ ausgesprochen, zusätzlich ein Platzverweis.


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    Mal eine Frage an die Rechts-Experten: Ist die Strafe zulässig? Wie soll das "falsche Fahren", wie es im Video heißt, vor Gericht (sofern man es drauf anlegt) bewiesen werden? Was heißt denn "die Strafe ist für Ihre Einstellung im Kopf"? ?:-(

  • Ist die Strafe zulässig?

    Klugscheißmodus on: Nein, denn es ist keine "Strafe". Klugscheißmodus off.


    Die Strafe, die keine ist, sondern ein angebotenes Verwarngeld, ist zulässig.


    So wie der Polizeibeamte das formuliert, hat er sich m.E. auf § 117 OWiG berufen. Seiner Auffassung zufolge hat der Boxster-Fahrer in einem vermeidbaren Ausmaß Lärm erregt. Im Anschluß hat er dann aber nicht die "große Keule" herausgeholt, sondern lediglich in Anwendung des § 56 OWiG ein Verwarngeld in Höhe von 55 € angeboten. Rechtsgrundlage für den Platzverweis ist § 34 PolG NRW.


    Einschlägiger wäre aber m.E. die Straßenverkehrsordnung gewesen. Vorgeworfen wurde faktisch "unnötiger Lärm bei der Benutzung eines Fahrzeuges" - siehe § 30 StVO. Die Tarife wurden jüngst angehoben. Heutzutage ist man mit 80 € Bußgeld dabei.

    Gruß :khat:
    Bernhard



    914 2.0 (1982 - 1983)
    964 C4 (1994 - 1995)
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  • So wie der Polizeibeamte das formuliert, hat er sich m.E. auf § 117 OWiG berufen.

    Ich habe mir die Formulierung mal durchgelesen.


    "Ordnungswidrig handelt, wer ohne berechtigten Anlaß oder in einem unzulässigen oder nach den Umständen vermeidbaren Ausmaß Lärm erregt, der geeignet ist, die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft erheblich zu belästigen oder die Gesundheit eines anderen zu schädigen."


    Es handelt sich doch um eine subjektive Wahrnehmung des Polizisten. Wie wird festgelegt, wann das Ausmaß des Lärms die o.g. Kriterien erfüllt? Oder anders gefragt: reicht die subjektive Wahrnehmen des Polizisten aus, um ein Verwarngeld durchzusetzen?


    Grüße

    Gisbert

    964 C4 Coupé, BJ 6/89, indischrot, C00, M139 - Sitzheizung links, M425 - Heckscheibenwischer, M573 - Klimaanlage

    161.850 km (Stand Ende 2021), matching numbers

    Motorrevision bei 161.850 km: https://www.pff.de/thread/2810271-geschichte-einer-motorrevision/

  • Oder anders gefragt: reicht die subjektive Wahrnehmen des Polizisten aus, um ein Verwarngeld durchzusetzen?

    Die Verwarnung mit Verwarngeld ist ein sogenannter "mitwirkungsbedürftiger Verwaltungsakt". So wie auch im Video beschrieben wird (und wie wir es vermutlich alle schon mindestens einmal erlebt haben), zahlt man entweder vor Ort oder bekommt eine schriftliche Mitteilung darüber nach hause. Dann muß man binnen einer Woche zahlen - siehe § 56 OWiG. Nur wenn man freiwillig zahlt, ist die Sache erledigt. Rechtbehelfe gibt es nicht.


    Das ist also ein Angebot des Polizisten. Nimmt man es an, ist es gut, nimmt man es nicht an, wird ein "normales" Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet mit allen rechtlichen Möglichkeiten auch für den Betroffenen.


    "Durchsetzen" im Sinne von erzwingen kann der Polizist das Verwarngeld NICHT. Es ist ein Angebot.

    Gruß :khat:
    Bernhard



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  • Der Polizist redet sich um Kopf und Kragen. Alles schön aufgezeichnet. Da könnte man sich wirklich mal beschweren.


    Dass der angebliche Poser dann losgefahren ist, ohne sich anzuschnallen, hat die Polizisten nicht interessiert.


    MUV17 :drive:

    Mitglied des T UV · Ein Auto ist ein Gebrauchsgegenstand. Ich benutze es, um von A nach A zu fahren.

  • Deine Antwort strotzt vor Fachwissen. Danke dafür :thumb:


    Allerdings hätte ich die 55€ zunächst nicht akzeptiert. Sofern der Wagen der Stvo entspricht, sehe ich keine vorsätzliche Lärmbelästigung. Er hat kein Burn-Out hingelegt und hat auch nicht im Stand den Motor aufheulen lassen oder ähnliches. Alles was er tat ist, im Rahmen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, etwas stärker zu beschleunigen. Das der Sportwagen dabei einen höheren Geräuschpegel hat als ein Nicht-Sportwagen, halte ich für normal. Die provokanten Sprüche des offenbar übellaunigen Polizisten hätten mich in meiner Meinung eher bestärkt hier den Rechtsanwalt einzuschalten. Oder sehe ich das falsch und der Tatbestand ist sowas von eindeutig und unanfechtbar?

  • Oder sehe ich das falsch und der Tatbestand ist sowas von eindeutig und unanfechtbar?

    Ich werde mich hüten, Deine Position als "falsch" zu bezeichnen. Man kann das durchaus so sehen, wie Du das siehst. Man kann es eben aber auch anders sehen.


    Wenn das Verwarngeld nicht gezahlt wird, wird in der Regel ein Bußgeldverfahren eingeleitet. Da hat man dann alle Möglichkeiten, sich gegen das festgesetzte Bußgeld zu wehren.


    Mal abgesehen davon, dass der Polizist wirklich keine gute Firgur macht, ist dem Film aber auch zu entnehmen, dass der Fahrer den Beamten an dem Tage bereits zum zweiten Mal aufgefallen ist ("Das war der von eben Markus!") und dass der Fahrer kurz beschleunigt und damit das "Backfire" auslöst.


    In der Gesamtschau könnte ich mir deshalb angesichts dessen, dass es in den meisten Großstädten Spezialeinheiten der Polizei gibt, die sich fast ausschließlich mit dem Poserverhalten auseinandersetzen und deren erklärtes Ziel es ist, gerade auch unnötigen Lärm einzudämmen, sehr wohl vorstellen, dass ein später festgesetztes Bußgeld, das im Zweifel höher ausfällt, auch einer gerichtlichen Überprüfung stand hält. Ich halte deshalb die Chance, sich erfolgreich gegen ein Bußgeld zu wehren, für überschaubar. Aber wissen kann man es erst, wenn man es versucht hat und die gerichtliche Entscheidung auf dem Tisch liegt.

    Gruß :khat:
    Bernhard



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  • Hmm, überschaubare Erfolgsaussichten einer Klage bei diesem Sachverhalt empfinde ich als neutraler Beobachter für unbefriedigend. In Köln kann man auch 2x um den Block fahren, ohne gleich als Poser abgekanzelt zu werden. Gründe gibt es viele, sei es Parkplatzsuche oder sonst was. Ebenfalls ist aus meiner Sicht kurzes Beschleunigen kein ausreichender Grund als Poser tituliert zu werden. Auch hier gibt es viele Gründe, Ampelschaltung, Überholvorgang etc. Mich hat die Videosequenz gestern etwas stutzig gemacht, weil ich, obwohl ich auch gegen die Poserszene bin, zumindest in diesem Fall hier, keine Grundlage für ein Verwarngeld von 55€ sehe. Am Ende sagt der Polizist auch, es ist nicht wegen der Lärmbelästigung, sondern wegen ihrem "rechten Fuss". Wie auch immer das rechtlich zu bewerten ist. Ich bin kein Jurist, daher danke für das Erklären der rechtlichen Grundlagen. Wäre ich betroffen, ich hätte mich hier zur Wehr gesetzt und es auf ein Gerichtsverfahren drauf ankommen lassen.

  • Wäre ich betroffen, ich hätte mich hier zur Wehr gesetzt und es auf ein Gerichtsverfahren drauf ankommen lassen.

    Das ist Dein gutes Recht. Glücklicherweise leben wir in einem Rechtsstaat, in dem Dir diese Wege offen stehen.

    Gruß :khat:
    Bernhard



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