Rettungsgasse - Felgen

  • Hallo zusammen!


    Ich habe mal ein Thema, zu der ich gerne verschiedene, möglichst sachliche Meinungen hätte.


    Situation 1: Mittlerer Ring, München. Im Tunnel bzw. dessen Ausfahrt. Zwei Spuren, kein Seitenstreifen, keine „Bucht“. Beidseitig Kantsteine mit der ganz scharfen Ecke. (Also nicht abgerundet.) Stehender Stau.


    Krankenwagen kommt. Rettungsgasse ist freizumachen. Die Straße ist sehr schmal - alle müssen auf die Randsteine. Wenn ich im spitzen Winkel auf den Randstein fahre, beschädige ich zumindest die Reifenflanke - und mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch die Felge. (Ist mir selbstverständlich passiert.)


    Frage: Muss ich den Kantstein hochfahren?

    (Frage: Warum baut man eigentlich diese eckigen Kantsteine ein? Hat das Sicherheitsaspekte? Es gäbe ja auch eine Variante mit einem großen Radius an der Kante.)


    Situation 2: Selbe Situation wie oben. Aber: Das dem Krankenwagen nachfolgende Polizeiauto ist nicht durch den Tunnel gefahren - sondern einfach „oben“ über eine beampelte Kreuzung. Ging schneller - und es hat keine Rettungsgasse gebraucht.


    Frage: Wo soll/muss der Krankenwagen eigentlich fahren, wenn das potenzielle Resultat einer Rettungsgasse 20*150 Euro Schaden an Felgen/Reifen ist?


    Achtung: Blendet bitte mal aus, das wir alle selbst in dem Krankenwagen liegen könnten. Mir ist schon klar, dass er schnell durchkommen muss, und ich ruiniere auch meine Felge gerne dafür! (Auch wenn das morgen bereits wieder der Fall sein kann.)


    Danke.


    Gruß


    Christian

  • Die Fragen sind ja nicht uninteressant. k:good:


    Meiner dunklen Erinnerung nach gilt:


    1.) Die Einsatzfahrzeuge haben bei Sondereinsatzfahrten (§ 38 Abs. 1 StVO) Sonderrechte, müssen aber auch eine gewisse Vorsicht walten lassen.


    2.) Autofahrer müssen "sofort freie Bahn schaffen", sind aber nicht zur Gefährdung oder gar Beschädigung des eigenen oder fremder Fahrzeuge verpflichtet.


    3.) Wer dennoch sein oder andere Autos beschädigt, haftet selbst.


    Allerdings lässt sich das alles so nicht mit einer kurzen Google-Suche belegen. Ggf. müsste man wohl mal in die Kommentarliteratur zu § 38 StVO schauen...

  • Auch wenn ich dafür gesteinigt werde. Aus meiner Sicht wird der Begriff "Rettungsgasse" unzutreffend verwandt. Ebenso erscheint mir eine Grundannahme unzutreffend.


    Die Pflicht eine Rettungsgasse zu bilden, ergibt sich aus § 11 Abs. 2 StVO. Dort ist aber nur von Autobahnen und Außerorststraßen mit mehr als zwei Fahrspuren die Rede. Wenn ich nicht falsch liege, ist der Mittlere Ring keine Autobahn sondern eine Bundesstraße. Also finden die Pflichten aus § 11 Abs. 2 StVO auf dem Mittleren Ring keine Anwendung.


    Dennoch ist natürlich für den herannahenden Krankenwagen Platz zu machen. Dies ergibt sich aber eben nicht aus § 11 Abs. 2 StVO sondern aus § 38 StVO. Danach ist für alle Fahrzeuge, die mit Blaulicht UND Einsatzhorn fahren, durch alle anderen Verkehrsteilnehmer sofort "freie Bahn" zu schaffen.


    Zu einer gezielten Eigen- oder Fremdschädigung ist man allerdings auch bei der Erfüllung der Pflicht, Platz für den herannahenden Rettungswagen zu schaffen, nicht verpflichtet. Wenn man bei einem solchen Randsteinmanöver sich selbst oder Dritte schädigt, muß man dafür auch selbst aufkommen.


    Des Weiteren läßt die Grundannahme des hohen Bordsteins doch die Frage aufkommen, wie hoch und scharfkantig denn bitte die verbauten Randsteine auf dem Mittleren Ring sein sollen? Ich habe mir mal bei Wikipedia ein Photo angesehen und verlinkt, das den Kieselbach-Tunnel zeigt. Jedenfalls auf dem Photo erscheint der Randstein keineswegs so hoch, dass er nicht - das entsprechende Einfühlungsvermögen und einen vorsichtigen Gasfuß vorausgesetzt - auch mit einem Porsche befahren werden könnte.

    Gruß :khat:
    Bernhard



    914 2.0 (1982 - 1983)
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    Cayman GTS - 718 (03/2019 - 01/2020)

  • Hallo Casait!


    Danke für Deine Ausführungen, schon wieder was gelernt.


    Zu den Randsteinen: Da hast du einen der ganz neuen Tunnel "erwischt" - bei mir war es eher einer der älteren "Unterführungen" einer einzelnen Kreuzung (Georg Brauchle/Lerchenauer für Ortskundige - direkt vor dem BMW-Turm.) Wenn ich dort die Tage wieder im Stau stehe, mache ich gerne mal ein Foto. (Wie ich da im spitzen Winkel mit 21" ganz ohne Risiko Schaden zu nehmen hochkomme, bleibt mir ein Rätsel... Hier ein Link auf ein Bild (rechte Fahrspur) - auch wenn man den Stein da nicht unbedingt einschätzen kann.)


    Viele Grüße


    Christian

  • Da gibt es ja eine Vielzahl von Möglichkeiten, bei welchen man sich selbst einen Schaden zuführen kann. Auch auf unbefestigte Strassenränder zu fahren kann für böse Überraschungen sorgen, wenn der matschig ist und man nicht mehr weg kommt.


    Wenn ich mit dem GT4 den Bordstein zu spitz anfahre, ist die Schürze vorn weg, auch wird die Karkasse im Reifen darunter leiden. Das wird man nicht sofort merken, aber schließlich fahren unsere Fahrzeuge 300 km und da will ich dieses Risiko nicht eingehen.


    Also was machen in so einem Fall? Wirklich schwierig.

  • Ich denke, man muss zu jeder Zeit in der Lage sein das eigene Fahrzeug sicher zu beherrschen. Insbesondere auch dann, wenn zB eine "Gasse" für Rettungsfahrzeuge zu bilden ist. Den Fußgängerweg als "Fahrbahn" oder als "Haltebucht" zu nutzen ist problematisch. Was ist, wenn jemand anderes, ein Fahrradfahrer verletzt wird? Das KFZ sollte schon auf der Fahrbahn bleiben. Der Fahrer muss eine Gasse bilden, aber er muss auch die notwendige Vorsicht walten lassen, muss die auf die Begrenzung der Fahrbahn achten und darf nicht Fußgänger- oder Fahrradwege nutzen. Dafür sind die Randsteine ja auch da, um die Fahrbahn zu begrenzen. Und anderen Verkehrsteilnehmer die Sicherheit zu geben, dass dort keine Autos fahren.

  • Ich hatte die gleiche Wahl. Bin dann vor dem Notarzt durch den Tunnel, in der "Rettungsgasse" und habe danach Platz gemacht. Schien mir die beste Lösung.


    Als ich Innerstädtische mal auf der linken Spur Stand (lkw) und von hinten der RTW kam, habe ich alle weggehupt. Linke Fahrbahnbegrenzung war eine 1.5m breite und 50m lange Insel wo ich mit dem Lowliner nicht drüberkam. Zudem waren meine Hörner deutlich lauter als das Martinshorn.


    Summa summarum, so schrägt es klingt, ich würde nur, wenn es wirklich keine andere Möglichkeit gibt, mein Fahrzeug für einen RTW oder ähnliches beschädigen.


    Gruß


    Matthäus

  • Hier kein rechtlicher Hintergrund, aber kürzlich passende Erfahrung:


    Ich hatte kürzlich einen Erste Hilfe Kurs in Stuttgart, der von einem sehr erfahrenen Rettungssanitäter (+20 Jahre Berufserfahrung) gehalten wurde.

    Der hatte auch die Geschichte von einer Situation erzählt, dass im Stau die Rettungsgasse von den Fahrzeugen vor ihm durch "Auffahren" auf Bordsteine gebildet wurde.

    Ein Porsche vor ihm "konnte" das natürlich nicht, bzw. wäre es ohne Schäden nicht möglich gewesen.

    Also ist der Porsche vor ihm durch die Rettungsgasse gefahren und hat mehr als 70 (gezählte!) Mittelfinger geerntet - durch die anderen im Stau stehenden Fahrzeuge.


    "Absolut richtige Reaktion - des Porsche Fahrers" - meinte der Sanitäter nur.

    Der Verkehr muss dafür sorgen, dass das Einsatzfahrzeug möglichst schnell an den Einsatzort kommt. Niemand muss dafür sein Fahrzeug kaputt machen oder sonstiges.
    Sollte man aber widerrechtlich im Parkverbot stehen, dann kann es schon mal passieren....

    (es gibt ganz andere Fälle, wo Leute absichtlich das Einsatzfahrzeug absichtlich behindern/ Böller reinschmeißen/den Finger zeigen usw - das sind echte Probleme!)


    Das deckt sich grundsätzlich auch mit meiner Erfahrung als Einsatzfahrer - solang man am Ende gut durchkommt ist alles OK.
    Auf ein paar Sekunden auf oder ab kommt es in 99,99% definitv nicht an.