Festanstellung vs Freelancer

  • Hallo PFF-Community,


    für habe eine Frage in die Runde (ich bin hier selten aktiv, oft aber passiv unterwegs) und ich hoffe ich trete damit niemanden auf die Füße:


    Ich bin beruflich im Bereich der Software-Entwicklung und Datenanalyse tätig bei einer Unternehmensberatung als Consultant. Ich bin 30 Jahre alt und überlege den Absprung in die Selbstständigkeit als Freelancer. Ich bin jedoch hin und her gerissen und suche den Rat von Leuten, die einen solchen oder vergleichbaren Weg eingeschlagen sind.


    Aspekte des Lebens als Angestellter: Sicheres Einkommen, auch wenn es konjunkturell schlecht läuft (fällt halt der Bonus weg). Man kann sich hocharbeiten, muss aber vielen Leuten firmenintern in den Popo kriechen. Einkommenszuwächse sind eher langfristig schrittweise möglich und hängen vom guten Willen von Vorgesetzten ab. Wenig Entscheidungsfreiheit, sicherlich auch auf höheren Etagen.


    Polemisch ausgedrückt: In 7-10 Jahren einen relativ sicher neuen Porsche Cayman.


    Aspekte des Lebens als Freelancer: Entscheidungsfreiheit über Aufträge und Art der Arbeit, höhere Stundensätze, jedoch sehr wechselhaftes Einkommen. Höheres Risiko, aber auch höhere Gewinne möglich.


    Polemisch ausgedrückt: Alles ist möglich, vielleicht in 2 Jahren einen neuen Porsche Turbo oder auch lange Zeit gar keinen Porsche.


    Wie seht ihr die Vor- und Nachteile einer beruflichen Verwirklichung als Angestellter (hocharbeiten z. B. vom Junior Consultant zum Direktor/Partner) vs Freelancer/Selbstständigkeit im Kontext der Dienstleistungsbranche?


    Ganz ehrlich, ich suche Erfolgsstories, die motivieren, aber auch Misserfolgsstories, aus denen man lernen kann.

  • Die Vor- und Nachteile der beiden Alternativen hast Du im Grunde schon selbst aufgeführt.


    Letztendlich musst Du diese sehr individuelle Entscheidung selbst treffen...ich hab in meinem Leben nie auf Geld oder Sicherheit geschielt, mir war meine Freiheit und Zufriedenheit immer wichtiger.


    Der Weg war alles andere als leicht oder komfortabel...dennoch gab es in meinem Leben nicht einen einzigen Tag, an dem ich finanzielle Probleme hatte.


    Ist nicht jedermanns Sache...ich würde es aber immer wieder so machen. :thumb:


    Grüße
    Mario

  • Hallo Sceloporus,


    Ich habe mit beiden "Typen" in der Arbeitswelt viel zu tun.


    Einem Freelancer ging es Finanziell sehr gut - einen Auftrag erfüllt und der BMW - 5er war bezahlt, mit einem Job!
    Ein Anderer krebst nur so dahin - wohnt in einer Jugendherberge wenn er auf Kunden "Besuch" ist
    und fährt den Wagen seines Schwiegervaters um innerhalb Deutschlands seinen Job zu erledigen.
    Einem dritten geht es finanziell gut - weder übermäßiger Verdienst noch miese Bezahlung - (durch Zufall habe ich sein Jahresgehalt erfahren - 300.000 €)


    Die Softwerker, die in der Firma beschäftigt sind haben den Standort Vorteil - was evtl. sehr wichtig bei eigener Familie sein kann :)
    OK ein festes Gehalt (aber immer Planbar!) aber ein richtiger Gehaltssprung ist nur durch einen Jobwechsel zu schaffen.

    Du solltest für Dich zu erst die Entscheidung treffen - Zuhause bleiben (wo auch immer das sein mag) oder in der Welt unterwegs sein.


    Der mit dem 5er ist Firmeninhaber (er ist auch sein einziger Angestellter) aber er ist Spezialist für SPS - gesteuerte groß Anlagen (die Simatic S7 Welt)
    Er war der einzig erreichbare SPS- Spezialist der bereit war für fast ein Jahr nach Süd-Korea(1*) zu gehen und unsere
    Anlage (Prototyp für die Beschichtung von Glas für TFT - Monitore) mit in Betrieb zu nehmen.


    Der mit den 300.000 sucht laufend neue Aufträge und ist in Norddeutschland unterwegs (evtl. mal Abends Zuhause) er Programmiert ein bisschen SPS und Hochsprache.


    Der Krebser :) programmiert auch Simatic S7 - WinCC und das Umfeld aber er hat kleine Kunden, die ab und an mal eine SW Änderung benötigen.


    zu (1*) er hat die Baustelle nicht Ständig besucht. Er war für ca. zwei Monate auf meiner Baustelle und zeigte mir den Bestellten 5er.


    Stefan :wink:

  • Moin,


    mich hat es nach meinem Doppelstudium zu einem sehr großen, amerikanischen IT-Konzern verschlagen, obwohl ich alles bin, nur kein IT-Fachmann oder Informatiker. Ging damals ohne Bewerbungrunde, direkt über Kontakte vom Lehrstuhl zu der Deutschland-Organisation des Konzerns.


    Damals war meine Denke, da gehst Du mal für zwei, drei Jahre hin, sammelst erste Berufserfahrungen in einem nicht ganz unbekannten global agierendem Unternehmen und danach orientierst Du Dich weiter. Hatte nie geplant länger zu bleiben.


    Und heute bin ich noch immer im Konzern, diverse Stationen im Ausland liegen hinter mir (Europazentral in Paris, weltweites Headquarter in New York), diverse, verschiedenste Jobs bis zum Direktor und was soll ich sagen, ich fühle mich noch immer pudelwohl.


    Sicher, es gab immer mal wieder ernsthafte Angebote von außen, insbesondere auch durch meine nun weitreichenden Kontakte, aber irgendwie hat es mich nie in aller letzter Konsequenz überzeugt oder gereizt, zu gehen. Warum auch? Ich habe inzwischen so viel von der Welt (geografisch) durch meine Jobs im Konzern gesehen, dass es mir jetzt einfach nur noch Spaß macht, meine Erfahrungen und Kenntnisse an mein Team weiterzugeben und sie zu coachen, motivieren, etc. einen guten Job zu machen.


    Ich habe auch im Konzern viele "Freiheiten", wir haben Zeitsouveränität, ich kann super im Homeoffice arbeiten und bin, wann immer ich will, in sehr internationalen Teams vernetzt.


    Für mich die ideale Jobsituation.


    Gruss, Wolfgang

  • Ich arbeite seit über 20 Jahren als Freelancer in der IT. Es gab schlechte Zeiten, aber meistens waren es gute Zeiten. Trotzdem besteht immer ein gewisses Restrisiko, dass man eines Tages auch längere Zeit ohne Job dasteht. Daher gilt es entsprechende Reserven zu bilden.


    Freelancer zu sein hat den schönen Vorteil, dass man sich aus suchen kann für wen man arbeitet. Läuft das Projekt nicht gut, packt man seine Sachen und zieht weiter. Voraussetzung dafür ist aber, dass man sich aus der Masse abhebt. Ein Freelancer der nicht bereit ist Überstunden zu machen, am Wochenende zu arbeiten, und nur Ferien zu machen wenn es die Zeit erlaubt, hat es schwer. Dazu muss man sich auch qualitativ von den anderen abheben, sprich, in der gleichen Zeit mehr leisten.


    Und man muss noch viel mehr auf die aktuellen Trends achten. Ich habe Kollegen erlebt die fachlich sehr gut waren, aber nicht die Zeichen der Zeit erkannt haben, mit Produkten gearbeitet haben die vom Markt verdrängt wurden, Novell Netware. z.B. Da nutzt es dann auch nichts ein grosser Crack zu sein.


    Und man muss mit den lieben festangestellten "Kollegen" leben, die auf einen herabschauen, obwohl man dazu da ist, den Mist den sie gebaut haben, zu beseitigen.


    Hat man Familie ist die Sache kompliziert. Die Partnerin muss uneingeschränkt hinter der Sache stehen und damit klar kommen, dass der Mann monatelang nur an den Wochenenden zu Hause ist. Man sollte auch nicht irgendwo wohnen, sondern in der Nähe eines der Zentren wo es viele Projekte gibt, Frankfurt, München, Düsseldorf. Sonst ist man noch länger von zu Hause weg.


    Andererseits ist der Umstieg vom Freelancer zur Festanstellung relativ einfach, zumindest in Zeiten in denen es wirtschaftlich gut läuft. Ich habe bisher immer ein Angebot zur Festanstellung erhalten. Die Projektagenturen dürften die effizientesten Arbeitsplatzvermittler sein die es gibt, wenn auch oft unfreiwillig.

    Daß du untergehst, wenn du dich nicht wehrst, das wirst du doch einsehen. (Bertolt Brecht)


    Wer Angst sät, wird Macht ernten!


    Alec Baldwin - Twitter ist eine Ort für all die A****l*****

  • Vieles Richtige wurde schon gesagt. Pauschal kann man da eh keine Antwort geben.


    Mit einer Überlegung würde ich aber gerne aufräumen. " Entscheidungsfreiheit über Aufträge und Art der Arbeit, höhere Stundensätze..." Meiner Erfahrung nach kann man das generell so nicht stehen lassen. Theoretisch mag das stimmen aber in der Praxis ist man letztlich ebenso abhängig vom Auftraggeber. Also in meinen Augen auch nur ne Scheinfreiheit.


    Aber ist eh ne sehr heterogene Diskussion. Und es gibt nicht richtig noch falsch.

    997 Carrera 4S Coupé FL

    Volkswagen Golf VII GTI

    BMW R nineT

    BMW R 1250 GS

  • Hallo,


    danke für die Antworten und Berichte über eigene Erfahrungen oder die von Kollegen.


    Ehrlich gesagt schiele ich schon eher auf eine Unternehmensgründung ab, als einfach nur eine "One-Man-Company" zu werden. Nur beginnen möchte ich es tatsächlich als Freelancer.


    Zurzeit habe ich das Problem, dass ich Angestellter bin und nicht als Unternehmer auftreten kann, ich darf auch lt. Arbeitsvertrag keine Nebentätigkeiten, nicht mal Beteiligungen haben, zumindest nicht ungefragt (was praktisch ein Verbot ist).


    Ich hätte schon gerne ein oder zwei erste Auftraggeber, die ich erst noch finden müsste unter diesen erschwerten Bedingungen.

  • Ehrlich gesagt schiele ich schon eher auf eine Unternehmensgründung ab, als einfach nur eine "One-Man-Company" zu werden. Nur beginnen möchte ich es tatsächlich als Freelancer.

    Ich bin genau den umgekehrten Weg gegangen. Und heute ärgere ich mich, dass ich nicht gleich als Freelancer gestartet bin. Ein Unternehmen zu gründen erfordert hohen zeitlichen Aufwand und Kapital. Als Freelancer bleibt mir am Monatsende sehr viel mehr als das vorher als Geschäftsführer der Fall war.

    Daß du untergehst, wenn du dich nicht wehrst, das wirst du doch einsehen. (Bertolt Brecht)


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  • Zurzeit habe ich das Problem, dass ich Angestellter bin und nicht als Unternehmer auftreten kann, ich darf auch lt. Arbeitsvertrag keine Nebentätigkeiten, nicht mal Beteiligungen haben, zumindest nicht ungefragt (was praktisch ein Verbot ist).
    Ich hätte schon gerne ein oder zwei erste Auftraggeber, die ich erst noch finden müsste unter diesen erschwerten Bedingungen.


    Solche Hürden sollte ein eigenverantwortlich arbeitender Unternehmer als Tagesgeschäft oder vielleicht noch als Herausforderung sehen...keinesfalls als Problem.


    Grüße
    Mario