Alles anzeigenDie Korrektur der gemessenen Leistung ist ein sehr komplexes Thema.
Die von den Auto-Testern vorgenommene Korrektur ist m.E. nicht zu beanstanden, da sie nach der gültigen Norm erfolgt ist. Auch wenn diese aus technischer Sicht unzutreffend ist, müssen sich Prüfstände und Auto-Tester danach richten, um sich nicht dem Vorwurf der Manipulation auszusetzen.
Die „richtige“ Luftdruck-Korrektur von aktuellen Turbo-Benzinern mit Absolutdruck-Regelung kann nicht allgemeingültig beantwortet werden, da die Änderung der Leistung bei unterschiedlichem Luftdruck von der konkreten Konstellation des Motorumfeldes abhängt.
Ein Motor mit sehr guter Ladeluftkühlung (Temperaturabsenkungsrate) und Turbolader, dessen Verdichter noch nicht an der Kennfeldgrenze betrieben wird, reagiert weniger auf fallenden Luftdruck als ein Motor mit schlechten LLKs und ausgereiztem Verdichter.
Aufgrund der Diskussion habe ich mal einiges anhand bekannter Serienwerte durchgerechnet.
Die Werte sind zur besseren Nachvollziehbarkeit jeweils möglichst glatt angesetzt.
Konkretes Beispiel, wobei die Durchsatz- und Druckwerte als Basis mit 100% angesetzt sind und als Randbedingung vorausgesetzt wird, dass der Ladedruck auch eingehalten wird:
Ein Motor habe mit 100% Serienleistung (Vollgas bei Nenndrehzahl) in der Luftstrecke (Ansaugweg, Luftfilter, HFM, Leitungen) 65 mbar Druckverlust bis zum Verdichtereintritt. Der Verdichter habe in diesem Betriebspunkt einen Wirkungsgrad von 0,74. Der Druckverlust im LLK betrage 100 mbar bei einer Abkühlrate von 2/3. Der Ladedruck wird konstant auf absolut 2,00 bar (= 1 bar Überdruck) geregelt.
Mit diesen Parametern erbringt der Motor bei 25 Grad C, 50% Luftfeuchtigkeit und 1006 mbar Luftdruck (=990 mbar trocken) seine Serienleistung von 100%.
Dann wird dieser Motor in der Höhe mit ebenfalls 25 Grad C und 50% Feuchte, jedoch 10% weniger Luftdruck, d.h. 906 mbar (=890 mbar trocken) betrieben.
Durch den geringeren Luftdruck ändern sich bei gleichem Ladedruck von 2,00 bar absolut folgende Parameter:
Der Druckverlust in der Luftführung erhöht sich, da die dünnere Luft mehr Volumen hat. Durch die höhere Luftgeschwindigkeit erhöht sich der Widerstand. Dies reduziert den Eintrittsdruck am Verdichter zusätzlich zum niedrigeren Luftdruck. Das Verdichterdruckverhältnis steigt dann insgesamt um 13%.
Der Betriebspunkt des Verdichters verschiebt sich im Kennfeld nach oben und wegen des erhöhten Norm-Volumenstroms unter iterativer Berücksichtigung der reduzierten Motorleistung um etwa 8% nach rechts, was einen fallenden Wirkungsgrad auf etwa 0,72 nach sich zieht.
Die Verdichtungsendtemperatur steigt damit von 129 auf 151 Grad C.
Die Verdichterdrehzahl erhöht sich um etwa 8% und die Antriebsleistung um 17%.
Der Abgasgegendruck erhöht sich dadurch je nach Turbine um 0,05 bis 0,1 bar.
Im Ansaugrohr erhöht sich die Ladelufttemperatur bei 2/3 Absenkung von 60 auf 67 Grad C.
Allein diese 7 Grad bewirken bei gleichem Ladedruck einen Dichteverlust von über 2%.
Der erhöhte Abgasgegendruck verschlechtert zudem zwangsläufig den Gaswechsel und erhöht die (negative) Ausschubarbeit des Motors.
Unter Ausserachtlassung einer möglichen Zündungsrücknahme würde ich die Summe der Abgasdruck-Effekte mit 2-3%, d.h. zusammen mit dem Dichteverlust insgesamt mit einer Leistungsreduktion von etwa 4-5% bewerten.
Damit wäre m.E. ein Exponent von 0,4-0,5 anstelle der Normvorgabe von 1,2 für die Luftdruck-Korrektur angemessen.
Bei getunten Motoren, deren Verdichter bereits an der Kennfeldgrenze arbeitet, sind die obigen Effekte stärker, bei Motoren mit sehr guter Ladeluftkühlung dagegen geringer, so dass kein exakter und universell gültiger Wert ermittelt werden kann. Die Übertragbarkeit auf spezielle Motorkonstellationen ist daher nur bedingt möglich.
Gruss aus Giessen
wow!
So schön zusammengefasst habe ich das noch nicht gelesen!
und ich finde beim besten Willen keine Kleinigkeit, wo ich in meiner beliebten Art was korrigieren könnte.